Elektrische
Lokomotiven
Im Jahre 1865 entdeckte Werner von Siemens das elektrodynamische Prinzip.
Die anschließende Entwicklung des Elektromaschinenbaus bereitete den Weg zur Herstellung leistungsfähiger Elektromotoren, die in elektrischen Triebfahrzeugen nutzbringend eingesetzt werden konnten. Die erste elektrische Lokomotive baute die Firma Siemens & Halske für eine Bahn, die zum spektakulären Bestandteil der Berliner Gewerbeausstellung im Jahre 1879 wurde.
(Erste praktisch brauchbare Elektrolokomotive der Welt. Achsfolge B. Siemens 1879)
Die kleine Lok erreichte, bei Leerfahrt mit einer Motorleistung von 2,2 kW eine Höchstgeschwindigkeit von 13 km/h, mit drei Wagen für je 6 Personen 7 km/h. Die Betriebsspannung betrug 150 Volt Gleichstrom. Diese wurde über ein Flacheisenband abgenommen, welches zwischen den Fahrschienen angebracht war. Als Rückleitung dienten die Fahrschienen. Die Beförderung von 85 000 Personen in den vier Monaten des Betriebs der Ausstellungsbahn bewies die Brauchbarkeit des elektrischen Antriebes für Traktionszwecke.
Am 16. Mai 1881 wurde die erste elektrische Bahn für den Dauerbetrieb, die Straßenbahn in Lichterfelde bei Berlin, eröffnet, Der Siegeszug elektrischer Bahnen vollzog sich nicht auf einmal, vielmehr kontinuierlich und gründlich. Im Jahre 1903 existierten im Deutschen Reich bereits elektrische Vorort- und Straßenbahnen mit einer Streckenlänge von 3690 km und einer Gleislänge von 5500 km, auf denen über 8700 Triebwagen verkehrten.
1895 führte die K.P.E.V. in ihrer Hauptwerkstätte Potsdam den elektrischen Rangierbetrieb ein. 1898 erfolgte dasselbe in der Eisenbahnwerkstätte Gleiwitz.
Die günstigen Ergebnisse des elektrischen Betriebes stimulierten die Elektrifizierung von Vollbahnen.
Versuchsbetriebe auf Stadt- und Vorortbahnen
Am 1. August 1900 begann die Firma Siemens & Halske einen Versuchsbetrieb auf der Vorortstrecke von Berlin Wannseebahnhof nach Zehlendorf. Es verkehrten Triebwagenzüge, deren Endfahrzeuge mit je drei Fahrmotoren ausgerüstet waren. Diese sechs Motoren konnten vom Endführerstand des jeweils an der Spitze laufenden Wagens gesteuert werden. Man verwendete Gleichstrom (600 Volt), der von einer neben der rechten Fahrschiene angeordneten Stromschiene abgegriffen wurde.
Einen ähnlichen Betrieb richtete die Union-Electricitäts-Geselischaft (UEG) am 8. Juni 1903 auf der Vorortstrecke Potsdamer Bahnhof Lichterfelde (Ost) ein. Hier verkehrten Züge, die bereits mit Schützensteuerung ausgerüstet waren. Die Energiezufuhr erfolgte nach dem bereits erwähnten System und es kam ebenfalls Gleichstrom, jedoch mit 550V Spannung zur Anwendung.
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(Handschrift: "Übereinkommen betreffend die Ausführung elektrischer Zugförderung")
Die
Ergebnisse und Erfahrungen aus diesen aufwendigen Versuchen waren bestimmend für
den zukünftigen Einsatz hochgespannten Wechselstroms bei zukünftigen
elektrischen Vollbahnen. Der Einsatz von Drehstrom erwies sich in der damaligen
Zeit, wegen der Unmöglichkeit der Oberleitungsführung auf großen Bahnhöfen,
als undurchführbar. Einen späten Sieg hat die Drehstromantriebstechnik mit der
Baureihe 120 der Deutschen Bundesbahn davongetragen. Es bedurfte eines höheren
Standes der technischen Entwicklung, um die bereits zu „Kaisers Zeiten“
erkannte Wirtschaftlichkeit der Drehstromantriebstechnik voll zur Geltung zu
bringen.
1903
begannen die K.P.E.V. und die AEG auf Veranlassung von Gustav Wittfeld
mit Versuchen, Einphasenwechselstrom für Traktionszwecke einzusetzen. Das
geschah zunächst auf der 4,1 km langen Vorortstrecke Niederschöneweide-Spindlersfeld
(bei Berlin) mit 6 kV 25 Hz. Das System bewährte sich auch bei Versuchen auf
der Berliner Ringbahn bei Oranienburg. Aus diesem Grunde kam es bei der
Elektrifizierung der Hamburger 26.6 km langen Vorortbahn Blankenese-Ohlsdorf zur
Anwendung. Der planmäßige, vollelektrische Betrieb begann am 29. Januar 1908.
Von äußerster Wichtigkeit für die Elektrifizierung der
Vollbahnen über die Grenzen der Länderbahnen hinweg waren Vereinbarungen zur
Festlegung eines einheitlichen Bahnstromsystems. In Erkenntnis dessen kamen die
Preußisch-Hessischen, die Bayerischen und die Badischen Staatsbahnen überein,
fortan ihre Vollbahnen ausschließlich mit Einphasenwechselstrom 15 kV 16 2/3 Hz
zu elektrifizieren. Das „Übereinkommen betreffend die Ausführung
elektrischer Zugförderung“ wurde auf Anregung des Ministerialdirektors in der
Bayerischen Staatsbahnverwaltung Dr. Dr. Bernhard Gleichmann getroffen. Es trat
am 28. Januar 1913 in Kraft und war für die weitere Elektrifizierung der
deutschen Bahnen von großem Nutzen. Dem Übereinkommen traten auch die
Staatsbahnen Österreichs, Norwegens, Schwedens und der Schweiz bei.
Die
K.P.E.V. trieb die Elektrifizierung der Berliner Stadt- und Vorortbahnen mit
Einphasenwechselstrom voran, hauptsächlich im Hinblick auf die Weiterverwendung
des vorhandenen Reisezugwagenparks. Am 9. Juni 1913 bewilligte der Preußische
Landtag dafür zunächst 25 Mill. Mark. Für den Personenzugdienst sind von der
K.P.E.V. drei zweiachsige Triebgestelle (EB 1 bis EB 3) bei der AEG und zehn
vierachsige Lokomotiven bei Maffei-Schwartzkopff (Wildau), sowie vier
(A1)(1A) Triebwagen (spätere DRG-Baureihe ET 88) bei den SSW in Auftrag gegeben
worden. Der Beginn des I. Weltkrieges unterbrach jedoch die Arbeiten.
Die
bis 1914 gelieferten Triebgestelle und zwei Lokomotiven mit der Achsfolge D
erprobte die K.P.E.V. auf den Strecken Dessau-Bitterfeld, Hirschberg-Königszelt
und Niedersalzbrunn-Halbstadt. Die im Jahre 1920 getroffene Entscheidung der DR,
die Berliner Stadtbahn mit 750 V Gleichstrom zu elektrifizieren, bewirkte, daß
die beschafften Triebgestelle in B’B’-Eloks umgebaut wurden
(EP 213 und EP214, spätere E 42.1, sowie EP 215 bis EP 219, später
E42.2).
Das für Vollbahnen vereinbarte System 15 kV, 16 2/3 Hz kam in Preußen zunächst auf folgende Strecken zur Ausführung:
-
Dessau-Bitterfeld (ab 18. Januar 1911)
-
Niedersalzbrunn-Halbstadt (ab 1. Juni 1914)
-
Einige Versuchsbetriebe im Raum Leipzig (Juni 1914)
-
Hirschberg-Königszelt (Fertigstellung im Jahre 1920).
Auf
diesen Strecken erprobten sowohl Herstellerfirmen, als auch die K.P.E.V. eigene
und fremde Elektrolokomotiven.
Die
Bahnenergieversorgung übernahmen die folgende Kraftwerke:
-
Elektrizitätswerk Südwest in Berlin-Schöneberg
-
Kraftwerk Altona
-
Kraftwerk Muldenstein (Provinz Sachsen)
-
Kraftwerk Mittelsteine (Provinz Schlesien).
Über die Fortschritte bei der Elektrifizierung preußischer Bahnen gibt die Tabelle unten einen Überblick. Den eigentlichen Schub konnte es erst nach dem I. Weltkrieg geben, weil bestimmte Konzepte, wie dasjenige für die Berliner Stadtbahn, gänzlich verworfen werden mussten. Fernbahnen elektrifizierte man fortan generell mit dem Einphasenwechselstromsystem 15 kV, 16 2/3 Hz.
Die
Elektrifizierung preußischer Eisenbahnen 1910-1920 – Überblick –
|
|||||
Elektrifizierte Strecken... | |||||
Jahr | insgesamt |
In Berlin | In Hamburg | Im mitteldeutschen Raum | In Schlesien |
1910 | 36 | 9 | 27 | - | - |
1 |
64 |
9 |
29 | 26 | - |
1 |
159 |
9 |
29 | 68 | 53 |
1 |
51 |
9 |
29 | 245 | 234 |
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